Leitlinien für den Umgang mit historischen Fotografien
Das Fotoarchiv – hilfreiche Hinweise
Was tun mit dem Schatz an Glasplatten, Dias, Schwarzweiß-Abzügen und Negativen? Wie mit alten Fotografien umgehen? Wie sind sie entstanden? Wie können sie erhalten bleiben? Wie baue ich eine Archivdatenbank auf? Wie kann ich mein eigenes Fotoarchiv digitalisieren? Was muss ich beim Scannen alter Fotos beachten? Worauf ist aufzupassen, wenn ich historische Fotografien veröffentlichen will? Was muss ich über Urheberrecht und Fotorecht wissen? Und und und …
Diese Fragen tauchen im Umgang mit alten Fotografien immer wieder auf. Das Interreg-Projekt „Lichtbild. Kulturschatz Historische Photographie“ will sie beantworten und Kompetenzen vermitteln. Diesem Ziel widmen sich gemeinsam die Partner Verein Tiroler Archiv für photographische Dokumentation und Kunst (TAP) aus Lienz, die Stadtgemeinde Bruneck sowie das Amt für Film und Medien und die Abteilung Museen der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol. Das Südtiroler Landesarchiv, die Tiroler Landesmuseen und das Tiroler Bildungsforum in Innsbruck sowie die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino sind assoziierte Partner.
Kompetenzen im Umgang mit historischer Fotografie werden vermittelt zu den Themen:
- Geschichte der Fotografie in Tirol und Südtirol
- Fotorecht und Creative Commons (CC)
- Archivierung und Katalogisierung
- Digitalisierung und Bildbearbeitung
- Digitale Langzeitarchivierung
Workshops im Projekt „Lichtbild“
Diese Themenbereiche werden in offenen und kostenlosen Workshops behandelt, die von September 2017 bis zum Frühjahr 2019 stattfinden. Expertinnen und Experten aus den Fachgebieten Historische Wissenschaft, Fotogeschichte, Archivwesen, Recht u. a. geben allgemeine Einblicke und präsentieren Beispiele aus der Praxis.
Workshop 1: „Geschichte der Fotografie in Tirol und Südtirol“ (20. September 2017, Festung Franzensfeste)
Es sprachen Anton Holzer (Wien), Meinrad Pizzinini (Völs), Gunther Waibl (St. Lorenzen), und Daniela Pera (Trient). Floriano Menapace (Trient) berichtete von den Veränderungen des Berufs des Fotografen im 20. und 21. Jahrhundert. Markus Wurzer (Linz/Graz) zeigte anhand Südtiroler Amateurfotografen im Abessinienkrieg (1935–1941) Unterschiede zwischen offiziellen Propagandabildern und privaten Knipsereien auf. Evelyn Reso (Meran) vom Südtiroler Landesmuseum für Tourismus schickte einen „Gruß aus …“ und präsentiert das erste visuelle Massenmedium: Ansichtskarten. Valentina Cramerotti (Trient/Bozen) stellte den Fotografen Enrico Pedrotti (1905–1965) vor, der in Trient und Bozen wirkte, und seine Werke zwischen Kunst und Handwerk. Bei einer Fotomaterialienschau des Tiroler Photoarchivs, des Amts für Film und Medien sowie des Südtiroler Landesarchivs und den Tiroler Landesmuseen konnte originales Material begutachtet werden: ein historischer Guckkasten mit Stereoaufnahmen, Kameras aus dem 19. und dem 20. Jahrhundert, Postkarten, verschiedene Negative und Positive – sogar eine Daguerreotypie – aus bald 180 Jahren Fotogeschichte.
Die Ergebnisse der Tagung sind in der ersten Handreichung des Projekts "Geschichte der Fotografie in Tirol und Südtirol" zusammengefasst.
Der Veranstaltungssaal in der Festung Franzensfeste am 20. September 2017
(Fotograf: Jannis Cassar Franceschini/Abteilung Museen, Bozen)
Workshop 2: „Fotorecht und Creative Commons“ (24. Jänner 2018, Eurac Bozen)
Die Anwälte Rainer Beck (Graz) und Simone Aliprandi (Pavia) stellten in Parallelvorträgen die österreichische und die italienische Gesetzgebung zu den Stichworten Urheberrecht, Recht am eigenen Bild, Verwertungsrechte und Schutzfristen vor. Beide blickten dabei auch auf Europa und zeigten die Möglichkeiten der Creative Commons auf. Sie diskutierten mit der Moderatorin Sabina Frei Beispiele der Verwendung von aktueller und historischer Fotografien sowie Fragen des Rechts auf Information und des Datenschutzes. Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Interessensgruppen besprachen unterschiedliche Aspekte des Fotorechts – die Fotografin Ingrid Heiss (Brixen, Präsidentin der Südtiroler Berufsfotografen), der Journalist Christoph Franceschini (Eppan, freier Journalist, Buchautor und Dokumentarfilmer), Elisabeth Harasser (Innsbruck), Kinder- und Jugendanwältin des Landes Tirol, und Barbara Weis (Bozen), Amtsdirektorin des Amts für Film und Medien als Vertreterin eines Fotoarchivs.
Die Ergebnisse der Tagung sind in der zweiten Handreichung des Projekts „Fotorecht und Creative Commons“ zusammengefasst.
Das Auditorium in der Eurac in Bozen am 24. Jänner 2018
(Fotograf: Martin Silbernagl/Amt für Film und Medien, Bozen)
Workshop 3: „Fotos richtig aufbewahren und ordnen“ (19. April 2018, Schloss Bruneck)
Im April 2018 ging es auf Schloss Bruneck um die Themen Archivierung und Katalogisierung. Roland Sila (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum) und Bernhard Mertelseder (Tiroler Bildungsforum), beide Vertreter der Assoziierten Partner in Innsbruck des Projekts Lichtbild, gaben am Vormittag Hinweise und Anleitungen dazu, wie ein Fotoarchiv aufgebaut werden kann. Roland Sila ging in seinem Vortrag von Recherchefragen aus: Um ein Bild finden zu können, muss es entsprechend abgelegt und katalogisiert sein. Bernhard Mertelseder wiederum zeigte die Arbeitsschritte zum Aufbau eines digitalen Archivs und den Weg zur „Ordnung im eigenen Fotoarchiv“ auf. In seinem Vortrag ging es um die Qualität der Erschließung eines Bestandes und um Möglichkeiten der Bearbeitung der Metadaten von Bilddateien.
Bei einer Produktmesse konnten die etwa 110 Besucherinnen und Besucher aus Tirol, Südtirol und dem Trentino Archivmaterialien für die fachgerechte Aufbewahrung von historischen Fotografien begutachten. Firmenvertreter stellten Archivschachteln und Umschläge für verschiedene Negativformate, etwa Fotofilm oder Dias sowie für verschiedenste Abzüge in unterschiedlichen Formaten und Techniken vor.
Am Nachmittag führte Marjen Schmidt, renommierte Fotorestauratorin aus Bayern, vor, wie unterschiedliche historische Fotomaterialien behandelt und archiviert werden können bzw. sollten – und zeigte zerbrochene Glasplatten, ausgebleichte Abzüge und sich zersetzendes Filmmaterial. Sie sprach über das ideale Fotoarchiv – den Raum, die geeigneten Möbel, geeignete Hüllen und Schachteln sowie Arbeitswerkzeuge – und über das Leitmotiv der Archivarinnen und Archivare: „Zu bewahren, was noch zu retten ist“.
Die Inhalte und Ergebnisse werden in der dritten Handreichung des Projekts „Fotos richtig aufbewahren und ordnen“ gesammelt.
Mittagspause im Innenhof von Schloss Bruneck am 19. April 2018
(Fotograf: Martin Silbernagl/Amt für Film und Medien, Bozen)
Workshop 4: „Fotos digitalisieren und bearbeiten“ (12. Oktober 2018, Wirtschaftskammer Lienz)
Der vierte Workshop des Interreg-Projekts „Lichtbild. Kulturschatz historische Photographie“ fand im Oktober 2018 in der Bezirksstelle Lienz der Wirtschaftskammer Tirol in Lienz statt. Thema war die Digitalisierung von historischen Fotografien sowie die Frage einer möglichen Bearbeitung. Clemens Cichocki, Digitalisierungsexperte aus Graz, sprach am Vormittag über die Standards am Arbeitsplatz sowie bei Hard- und Software, wenn historische originale Fotomaterialien in eine digitale Form gebracht werden sollen. Er stellte Hilfsmittel vor, gab Empfehlungen und ging auf die Herausforderungen ein, denen sich Fotoarchive im 21. Jahrhundert stellen müssen. Verschiedene Digitalisierungsinstitutionen stellen sich bei einer Produktmesse den mehr als 80 Besucherinnen und Besuchern aus Tirol und Südtirol vor. Am Nachmittag führte Christian Meingast aus Innsbruck in die Bereiche Color Management, digitale Bildbearbeitung und Softwares ein, sein Fokus lag auf den Faustregeln der Bildbearbeitung.
Für Teilnehmer, die bereits am Vortag angereist waren, bot das Team Lichtbild eine Führung durch das Stadtzentrum von Lienz an. Auf dem Lienzer Johannesplatz konnte auch gleich die Ausstellung „Platz da! Historische Photographien zentraler Orte“ besucht werden: Damit verband auch diese Veranstaltung die zentralen Themen des Interregprojekts und zeigte, wie die Faszination historische Fotografien vermittelt werden kann.
Die Inhalte und Ergebnisse werden in der vierten Handreichung des Projekts „Fotos digitalisieren und bearbeiten“ gesammelt.
Im Saal der Lienzer Wirtschaftskammer
(Fotograf: Philipp Brunner – Brunner Images)
Workshop 5: „Fotografie und digitale Langzeitarchivierung“ (31. Jänner 2019, Zeughaus Innsbruck)
Der fünfte und letzte Workshop des Projekts fand Ende Jänner 2019 im Zeughaus in Innsbruck statt. Die Leitfragen des Tages lauteten: Welche Dateiformate und Speichermedien eignen sich für die langfristige Ablage? Warum sind Sicherheitskopien wichtig? Wo und wie sollten sie gelagert werden? Welche verschiedenen Speichermöglichkeiten gibt es, und wie sind die Erfahrungen aus der Praxis? Stefan Rohde-Enslin vom Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin gab einen Überblick über den Themenbereich Fotografie und digitale Langzeitarchivierung. Michel Pfeiffer von der Fachhochschule Graubünden in Chur berichtet aus seiner Digitalisierungspraxis und zeigte praxisnahe Lösungsansätze auf dem Weg zur langfristigen digitalen Archivierung. Aus der regionalen Praxis berichteten Vertreter aus Tirol und Südtirol: Bernhard Mertelseder vom Tiroler Bildungsforum, ein assoziierter Partner des Projekts, stellte TiGa, das Archivinformationssystem für Gemeinden Tirols als Angebot für Chronistinnen und Chronisten vor. Raimund Rechenmacher, Bibliotheksleiter der Schlandersburg im Vinschgau und stellvertretende Landeschronist in Südtirol, präsentierte das Modell auf Südtiroler Seite: Die „OwnCloud“ im Südtiroler Gemeindenverband als Möglichkeit der Bildarchivierung für Chronisten. Die rund 80 Besucherinnen und Besucher nutzten in der Mittagspause die Gelegenheit, durch das Zeughaus zu schlendern.
Die Inhalte dieses Workshops werden in fünften Handreichung des Projekts „Fotografie und digitale Langzeitarchivierung“ zusammengefasst.
Im Innsbrucker Zeughaus
(Fotografin: Andrea Frischauf)
Ergebnisse der Workshops: Handreichungen, E-Learning und Ausstellungen
In fünf digitalen Handreichungen (Anleitungen) werden die Themen der Veranstaltungen ausführlich behandelt– in deutscher, italienischer und englischer Sprache. Diese Handreichungen stehen mit ihrem Erscheinen auf dieser Website kostenlos zum Download zur Verfügung. Mit einem Klick gelangen Sie auf die Seite mit weiteren Informationen zu den Handreichungen.
Im Online Learning „Lichtbild“ werden ebenfalls Kompetenzen im Umgang mit historischer Fotografie vermittelt: Übersichtlich, interaktiv und reich bebildert bietet das E-Learning weitere praxisorientierte Zugänge. Der Onlinekurs steht allen Interessierten offen zur Verfügung, ob im Chronik- oder Bibliothekswesen, ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Fotoarchiven, Museen oder im Kulturbereich sowie allen anderen Interessierten. In deutscher und italienischer Sprache präsentiert das E-Learning Antworten, Hinweise und Tipps zum Handling alter Fotografien. Mehr dazu bei Klick auf den Link:
Das Projekt „Lichtbild“ zeigt historische Fotografien: Zwei Ausstellungen vor Ort und zwei virtuelle Ausstellungen bieten Einblick in bisher unerschlossene Pilotbestände zur Fotografie aus Tirol und Südtirol. Die Fotos der unterschiedlichen Partner finden zusammen und ermöglichen es, die Vergangenheit aus der Perspektive unterschiedlicher Fotografinnen und Fotografen zu sehen. Beim Klick auf den Button erfahren Sie mehr zu den Ausstellungen: